Der Satz φàει παιδì μου φàει (iss mein Kind iss) ist der von griechischen Eltern und Großeltern am häufigsten verwendete Satz wenn es ums Essen geht. Er bedeutet nicht nur, daß das Kind etwas essen soll, sondern er wird auch dafür genutzt, um erwachsene Familienmitglieder und Gäste davon zu überzeugen, mehr zu essen als eigentlich gut für sie ist.
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Wer bei griechischen Familien zum Essen eingeladen wird, dem ist geraten, vorher einige Tage zu fasten, denn es gibt immer viel zuviel Essen und alles ist unglaublich lecker.
Niemals wird es, so wie manchmal in Deutschland,
nur ein Gericht geben oder im Stehen gegessen.
Es gehört zum guten Ton, neben dem griechischen Salat (mit Feta) oder dem kretischen Salat (mit Misithra-Käse) beide mit viel Olivenöl und den vielen anderen Vorspeisen wie Fava (Kichererbsenbrei), Kalitsounia (mit Käse oder Spinat gefüllte Teigtäschchen), Tsaziki, Gravierakäse mit Honig, Oliven, (um nur einige zu nennen) auch mindestens 2 Hauptgerichte anzubieten.
Diese beinhalten fast immer Fleisch, denn alles andere wird als Vorspeise angesehen.
Mir hat einmal eine griechische Bekannte erzählt, sie würden sich vegetarisch ernähren,
denn sie essen fast nur Huhn und das sei kein Fleisch 😂.
An Feiertagen können das auch schon mal 4 Fleischgerichte sein, z. B. Lamm mit Kartoffeln im Ofen, Pilafi (Risotto) mit Huhn, Hase mit Zwiebeln in Wein und Olivenöl gegart und gegrillte Ziegen-Rippchen. Natürlich gibt es dazu ausreichend Wein (oft aus Eigenproduktion) Uzo, Limo und Bier und die Stimmung steigt mit jedem Bissen und jedem Glas. Die Unterhaltung ist sehr lebhaft und laut und herzlich und lustig und findet auch gerne quer über den Tisch statt, wenn der gewünschte Gesprächspartner gerade nicht daneben sitzt.
Auch der zufällig herumstehende Tourist oder Nachbar wird einfach zum Essen eingeladen. Die Gastgeberin (hier auf Kreta sind das immer noch meistens die Frauen) setzt sich selbst meist nur kurz an den Tisch um immer wieder weitere Gerichte aufzufahren. An Festtagen hat sie schon Tage vorher angefangen zu kochen, denn es kommt auf keinen Fall in Frage, irgendetwas Gefrorenes (= nicht frisch), Gekauftes (= Massenware fehlt es an Qualität) oder Vorgefertigtes (wie z.B. Tiefkühlpommes, = nicht essbar) zu servieren.
Hier geht es um den Familienstolz.
Nebenbei gesagt: Ich habe auf Kreta, auch in Restaurants, noch nie eine einzige Pommes gegessen, die nicht aus frischen Kartoffeln und mit frischem Olivenöl gemacht wurde.
Oft wird zum Fleisch auch Fisch aufgetischt, z.B. frische Calamares oder gegrillte Sardellen. 🐟 Stockfisch in Bierteig oder einfach auch mal ein Oktopus in Essig oder mit Nudeln.
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Auch der Nachtisch ist grundsätzlich üppig. Es gibt mindestens eine Obstsorte (die gerade im Garten wächst), dazu schwarzgebrannten Raki und Halvas und/oder Kuchen und/oder Eis und/oder Joghurt mit Honig oder eingelegten Früchten und/oder....
hier sind der Imagination keine Grenzen gesetzt.
Manchmal gibt es auch alles zusammen (aber dazu mehr an Ostern).
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Vieles wird mit den Händen gegessen und nicht nur meine Schwiegermutter legt auch gerne mal ein Stück Fleisch mit der Hand auf den Teller 😆. Messer und Gabeln liegen zwar auch da, sind aber eigentlich nur Handwerkszeug, das man zur Hilfe nimmt, wenn die Hände es nicht alleine schaffen. Servietten sind daher sehr wichtig und liegen stapelweiseweise auf dem Tisch.
Alle Gerichte werden in der Mitte abgestellt,
bis sich die Tischplatte biegt und alle langem gleichzeitig zu. Mit Brot tunkt man das Olivenöl aus der Salatschüssel, Teller werden herumgereicht, Fleisch das einem nicht zusagt, wieder zurück gelegt, der Tischnachbar wird bedient, besonders leckere Stücke den Kindern in den Mund geschoben, zugeprostet und gelacht.
Es ist eine sehr schöne und sinnliche und herzliche Art zu essen.
🍖
Wer den Fehler macht, seinen Teller auch nur annähernd leer zu machen,
bekommt von der Hausherrin das φαει παιδι μου φαει zu hören und schwupps
liegt schon wieder was drauf.
Essen bedeutet für die Menschen hier, die Gelegenheit, endlich wieder mal lange nicht gesehene
Verwandte und Nachbarn zu treffen, die politische Situation zu diskutieren,
die Meinung zu diesem und jenem kundzutun,
die Enkel-innen zu betutteln und in die Bäckchen zu kneifen
und im Großen und Ganzen, einfach das Leben zu genießen.
Musik spielt dabei eine große Rolle und an Feiertagen wird auch gerne
das Tanzbein geschwungen.
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Die anwesenden Kinder bleiben nur so lange am Tisch sitzen, bis sie satt sind und rennen dann fröhlich durch Haus und Garten oder im Dorf herum. Wenn sie gerade mal nicht aufpassen, kann es gut vorkommen, daß dem einen oder anderen beim Vorbeirennen
Essen in den Mund gesteckt wird.
🍤
Griechisches Essen bedeutet auch immer eines: frisches Olivenöl.
Butter ist praktisch unbekannt und kostet hier ein Vermögen. Olivenöl wird großzügig über alles verteilt das auf dem Speiseplan steht. Auch Kuchen wird mit Olivenöl gebacken.
Der pro Kopf Verbrauch einer typisch griechischen Familie beträgt mindestens 20 Liter pro Jahr und es wird nur erstklassiges, extra natives Olivenöl zum Essen verwendet. Meist kommt es aus Eigenanbau, denn hier auf dem Land nennt praktisch jede Familie einen Olivenhain ihr Eigen.
Die Familienmitglieder, die in der Stadt leben, werden damit selbstverständlich auch versorgt, dann wird es halt per Schiff mitgenommen oder verschickt,
die Schiffe haben eigens dafür vorgesehene Räume.
Es ist auch immer sehr unterhaltsam, wenn Griechen Mitbringsel-Essen im Flugzeug verstauen, meist in Plastitüten. In griechischen Fluglinien, wie z.B. Aegean Airlines oder Sky Express, wird das als selbstverständlich gesehen und ist überhaupt kein Problem.
Zur Not werden große Tüten einfach bei den Flugbegleiter*innen stationiert.
Ausländische Fluglinien finden das weniger normal
und das führt nicht selten zu sehr lustigen Situationen.😂
Wenn griechische Kinder von Zuhause ausziehen um zur Universität zu gehen, und das machen fast alle, denn es gibt hier (außer im Tourismus) keine Ausbildungsbetriebe wie in Deutschland, dann schicken viele Mütter wöchentlich Freßpakete mit Selbstgemachtem und Gekochtem
mit dem Bus zu ihren Liebsten.
Das griechische Bus-System ist darauf ausgerichtet und im Bauch der Busse ist immer ein Platz für diese Pakete reserviert. Am anderen Ende (auch die Strecke Kreta-Thessaloniki ist hier keine Ausnahme) holt das jeweilige Kind dann das Essen von der Bushaltestelle ab
und ist für eine Weile kulinarisch versorgt.
Leider wird das auch gerne bei Jungs so gemacht, was meist nicht dazu beiträgt,
dass sie nicht Kochen lernen.
🚌
Unser Sohn hatte sich einmal zum Geburtstag gewünscht, daß er, so wie seine Freunde, wenigstens einmal im Semester so ein Paket geschickt bekommt, als er damals noch studiert hat.
Unser jüngerer Sohn hat es da schon besser, denn er studiert nicht soweit weg und fährt nach seinen Besuchen Zuhause, mit Taschen voller Tuperschüsseln bepackt,
wieder mit dem Bus zurück zur Uni nach Rethymnon.
Nicht immer, aber so 2-3 mal im Jahr tue ich ihm gerne den Gefallen,
er soll ja auch selber kochen lernen.
👨🏽🍳
Essen ist hier nicht nur einfach Nahrungsaufnahme, sondern es bedeutet Lebensfreude und Freundschaft Familienzuammengehörigkeit und Geselligkeit, Konfliktlösung und Trostspender.
Griechen sehen ihr Essen mit einer Mischung aus Ernst und Nostalgie, denn unvermeidlich ist die Erinnerung verbunden an die Gerichte der Kindheit.
Wenn man Griechen-innen danach fragt, ob ihr Urlaub denn schön gewesen sei, dann kommt (fast) immer die Antwort: Ja, denn das Essen war sehr gut.
Hellenen essen nicht, um zu leben, sondern leben, um zu essen.
♥️
Aber hauptsächlich wird damit LIEBE ausgedrückt.
💜 Und die Liebe geht überall auf der Welt durch den Magen, aber vor allem in Griechenland. 💜
Griechenland und Essen ist praktisch das Gleiche. Das eine ist ohne das andere undenkbar.
Einige meiner absoluten Lieblingsrezepte findest du auf dieser Webseite unter
Meine monatlichen kretischen Lieblings-Rezepte mit kulinarischen Geschenk-Ideen
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καλη òρεξι (guten Appetit)
🇩🇪 ♥️ 🇬🇷